Was bleibt, wenn ein geliebter Mensch stirbt
Was wir von meinem Onkel über das Leben lernen können
Es gibt Menschen, die hinterlassen eine Spur aus Licht in unserem Leben. Menschen, die nicht laut sind, nicht berühmt, nicht perfekt. Doch ihr Wesen und die schönen Erinnerungen hinterlassen ein wundervolles Echo, das nie ganz verklingt.
In diesem Beitrag möchte ich dir von so einem Menschen erzählen: meinem Onkel Giorgio.
Seine Geschichte ist keine Heldensaga. Es ist eine Geschichte von Menschlichkeit, von Liebe, von echtem Dasein. Und davon, wie viel ein einzelner Mensch im Leben anderer bewirken kann, einfach indem er er selbst ist.
Giorgio trug das Herz auf der Zunge, berührte andere mit seiner Herzlichkeit und Dankbarkeit und erinnerte uns – wahrscheinlich ganz unbewusst –, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Vielleicht findest du dich in seinen Spuren wieder. Vielleicht erinnert er dich an jemanden. Vielleicht spürst du beim Lesen etwas in dir, das dich lächeln oder innehalten lässt.
Dann hat dieser Text genau das getan, was Giorgio zu Lebzeiten getan hat:
Er hat dein Herz berührt. 💛

Ein Schnappschuss von Giorgio auf einer Hochzeit.
Momente, die uns aus der Bahn werfen
Manchmal geschehen Dinge in unserem Leben, die uns so aus der Bahn werfen, dass die Welt um uns herum stillzustehen scheint. Farben wirken blasser, Geräusche gedämpft. Und selbst das, was uns sonst Freude macht, fühlt sich plötzlich an, als wäre es nicht mehr von Bedeutung.
Vielleicht kennst du dieses Gefühl gerade auch. Ausgelöst durch den Verlust eines geliebten Menschen oder Tieres, eine unerwartete Nachricht oder weil das Leben manchmal einfach sehr viel auf einmal zu sein scheint.
Normalerweise würde ich dir in solchen Momenten Mut machen und dich unterstützen deinem Gefühl und deinem Schmerz Raum zu geben. Bestimmt hätte ich ein paar wohltuende Impulse, die ich dir mitgeben würde.
Doch heute möchte ich dir etwas ganz anderes erzählen. Etwas Persönliches. Etwas, das mein Leben aus der Bahn geworfen hat.
Ein Abend, der alles veränderte
Am 19. November 2024 saß ich abends bei meinen Eltern auf der Couch. Ein ganz normaler Dienstagabend. Meine Mutter war bei einem kleinen Nähkurs gewesen und ich wollte wissen, wie es ihr gefallen hat. Während sie sich eine Kleinigkeit zu essen machte, sprachen wir darüber, wann wir am nächsten Tag nach Köln fahren sollen. Wir hatten Karten für Joe di Nardos "Comedy al dente". Sie hatte sich schon seit Monaten darauf gefreut.
Als sie sich neben mich gesetzt und den ersten Bissen genommen hatte, klingelte plötzlich ihr Handy auf dem Küchentisch.
Wortlos dachten wir alle, dass es nur ihr Bruder Giorgio sein kann, der als einziger so spät noch anrief, um ein wenig mit seiner Schwester zu quatschen.
Als ich ihr Handy holte, sah ich, dass der Name einer ihrer Schwestern auf dem Display stand. Ich dachte, dass irgendwas passiert sei, weil sie gerade im Urlaub war. Aber ich rechnete nicht mit einer schlimmen Nachricht.
Meine Mutter nahm ab und anhand der Wortfetzen verstanden wir nach wenigen Minuten, dass mein Onkel Giorgio plötzlich auf der Straße zusammengebrochen war.
Die vielen Reanimationsversuche waren erfolglos. Sie konnten ihn nicht wieder zurückholen.
Wenn keine Zeit bleibt, um zu trauern
In diesem Moment blieb uns keine Zeit, um diesen riesengroßen Schock gemeinsam zu verarbeiten. Wir mussten alle nur noch funktionieren. Alles organisieren und schnellstmöglich Wege finden, damit meine Mutter noch in der gleichen Nacht nach Sardinien fliegen konnte.
Alles musste so schnell gehen, weil die Beerdigungen dort im Regelfall innerhalb von 24 bis 48 Stunden stattfinden. Wir hatten keine Zeit zu verlieren.

Giorgio vor einer seiner Lieblingsbars. Seine typische Pose, um überschwänglich seine Freunde zu grüßen.
Wer Giorgio war und warum ihn alle liebten
Mein Onkel war ein besonderer Mensch, von dem wir alle sehr viel lernen können. Über Menschlichkeit, Liebe und über das, was im Leben wirklich zählt. Vielen in unserer Familie ist das leider erst jetzt nach seinem Tod bewusst geworden.
Für mich war er immer ein Mensch, der Liebe, Herzlichkeit und Humor gelebt hat. Er hat sie verteilt wie Sonnenstrahlen. Leicht, freudestrahlend, selbstverständlich und großzügig. Oft auch sehr überschwänglich. Giorgio hatte einen Hang von allem "etwas zuuu viel" zu geben. Er hat sich 10x bedankt, 10x am Tag gefragt, wie es einem geht, 10x am Tag gegrüßt. 1x reichte ihm nicht 😁💕
Mit ihm konnte man so sehr von Herzen lachen, bis uns die Bäuche weh taten und die Luft wegblieb. Er liebte Witze über alles. Und ich kann mich an viele Sommernachmittage auf Sardinien erinnern, als ich noch ein Kind war.
Nach dem Mittagessen saßen wir im Hof meiner Oma. Spielten Karten, lachten. Irgendwann holte er seine Gitarre, um für uns italienische Lieder zu singen. Zwar eher schief und mit einem gequälten Gesichtsausdruck, weil er es so gefühlt hat. Eine schöne Erinnerung.
Doch von Giorgio konntest du nicht (nur) lernen, herzlich zu lachen und schief zu singen, sondern vielmehr von seiner überschwänglichen Freundlichkeit und seinem riesengroßen Herzen.

Giorgio bei der Caritas. Vermutlich an seinem Geburtstag. 🎂
Ein Satz, der bleibt: Ti voglio bene.
Er ging täglich zur Caritas und brachte ehrenamtlich Bedürftigen, Kranken und Menschen mit Behinderung ihr Mittagessen nach Hause. Giorgio hat jeden Menschen gleich liebevoll und herzlich behandelt. Er machte keinen Unterschied. Er wollte Gutes tun. Einfach so. Weil es ihm Freude bereitete.
Nach seinem Tod erzählten die Köchinnen der Caritas, dass Giorgio jeden Tag als einziger (!) zu ihnen kam, um sich zu bedanken, wie gut sie gekocht haben und wie wertvoll ihre Arbeit ist. Und er sagte ihnen immer, wie gerne er sie hat. Ähnliches erzählten auch die Frauen von der Bank und bei Behörden.
Im Italienischen sagt man:
„Ti voglio bene.“ – wortwörtlich auf Deutsch übersetzt heißt das:
„Dir will ich Gutes.“ bzw. „Dir wünsche ich Gutes.“ und steht für
„Ich hab dich lieb“. 🩷
Sein unüberhörbares Lachen
In seiner Heimatstadt auf Sardinien kannte ihn jeder. Am liebsten saß er in einer der italienischen Bars am Straßenrand, trank seine Milch und ein Glas Wasser und grüßte freundlich und überschwänglich jeden, der oder die vorbei ging.
Für jeden hatte er ein freundliches Wort auf den Lippen, Bonbons oder ein paar „soldini“ (Kleingeld, um sich ein Eis zu kaufen) für die Kinder. Er liebte es seine Witze zu erzählen oder sich neue Witze anzuhören.
Wir haben oft Witze darüber gemacht, dass er bekannter sei, als der Papst. Dann lachte er, dass wir oft dachten, er kriegt gleich keine Luft mehr. 😂
Ein ganzes Dorf in Trauer und ein Blumenmeer der Liebe
Nach seinem Tod fiel die gesamte Stadt in Trauer. Unzählige Menschen kamen zu ihm nach Hause, um sich von ihm zu verabschieden und verwandelten seine Wohnung innerhalb kürzester Zeit in ein Blumenmeer. 🥀
Viele von ihnen fragten meine Mutter mit Tränen in den Augen: „Wer wird mir denn jetzt noch sagen, wie sehr er mich lieb hat?“
Jemand anderes schrieb auf Facebook, dass Giorgio ihm immer das Gefühl gab, zu Hause zu sein und dass er auf dieser Welt gewesen ist, um uns zu zeigen, was es wirklich bedeutet Mensch zu sein. 😭
Einer seiner Freunde schrieb, dass er
die Engel im Himmel nicht stressen soll, weil er ihnen einen Witz erzählen will.😅
Hier sind zwei Ausschnitte von Facebook, um die Anteilnahme der Menschen in seiner Heimatstadt zu veranschaulichen:

Im Text steht übersetzt:
"Ich fühlte mich immer wie zuhause, wenn ich über den Fußgängerweg der via Monsignor Virgilio ging, und eine warme, vertraute Stimme hörte, die mich grüßte: "Ciao Giuseppe, grüß mir herzlich deine Frau und deine Kinder." Es waren die Worte von Giorgio, der mir wie ein lieber Onkel so zeigte/das Gefühl gab, wie gerne er mich und meine Familie hatte.
Immer wenn ich das Vergnügen hatte ihn zu treffen, vielleicht sitzend in der Bar unter dem Haus, fragte er mich immer, ob es uns gut ginge. Nie war ein Wort unpassend oder unfreundlich. Er hörte neugierig zu, wenn ich ihm vom Unfug meiner Kinder erzählte.
Giorgio war eine besondere Person. Einer von der Sorte, die der liebe Gott uns schickt, damit wir verstehen, was es bedeutet Mensch zu sein.
Liebster Giorgio, mögest du in einer wundervollen Welt sein!"

Ich habe eine Art Wikipedia-Artikel erstellt, um Giorgio zu ehren.
Auf Facebook likten 247 Personen den Beitrag. 57 kommentierten. Teilweise mit Herzen, teilweise mit Sätzen, wie sehr sie ihn vermissen. 🥲
Nach seinem Tod berichteten diverse italienische Zeitungen über seinen Todesfall. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien. Ich habe sie hier für dich verlinkt:
- Roberto Secci: Malore fatale al bar: il dramma in pieno centro a Tortolì. In: L'Unione Sarda. 20. November 2024, abgerufen am 7. März 2025 (italiano).
- Lamberto Cugudda: Tortolì in lutto per la morte improvvisa di Giorgio Pusceddu, volontario della Caritas. In: La Nuova. 20. November 2024, abgerufen am 7. März 2025 (italiano).
- La Redazione: Tortolì in lutto per Giorgio Pusceddu. In: Vistanet.it. 20. November 2024, abgerufen am 7. März 2025 (italiano).
Mein Wunsch an dich:
Sag es jetzt. Nicht irgendwann! 💜
Diese Welt und wir Menschen brauchen gerade mehr Heilung, Liebe, Mitgefühl und echte Verbindungen denn je. Deshalb wünsche ich mir - zu Ehren meines lieben Onkels Giorgio -, dass du dir einen Moment nimmst, um deinen geliebten Menschen öfter zu sagen, wie gerne du sie hast. Nicht irgendwann. Heute (und sehr gerne alle weiteren Tage danach). Einfach so.
Du wirst sehen, dass es etwas mit dir macht und auch mit der Person, der du es sagst. 💕
Möge Giorgio deine Inspiration dafür sein, dass jedes freundliche Wort, jedes liebevolle Lächeln und jede ehrliche Geste einen Unterschied machen. Vielleicht nicht für die ganze Welt, aber ganz sicher für die eine Person, die sie empfängt. Und bestimmt auch für dich 🩷
Und falls dich ein paar von deinen geliebten Menschen nicht mehr hören können (oder wollen), dann sag es ihnen in deinen Gedanken. Flüstere es in den Himmel. Oder nimm dir ein paar Minuten und schreibe ihnen einen kleinen Brief. Schreib alles rein, was du vielleicht noch nie ausgesprochen hast. Deine Liebe wird bei ihnen ankommen. Ganz sicher.

Ich bin mir sicher, dass unser lieber Giorgio gerade irgendwo in einer italienischen Bar im Himmel sitzt, seine Witze erzählt, laut darüber lacht und uns hier unten zu winkt. ❤️
Danke, dass du bis hierhin gelesen hast! Es bedeutet mir so viel! 🙏
Möge dein Tag – und jeder Tag danach – erfüllt sein von Liebe, von kleinen Momenten des Lachens und von der Gewissheit, dass du ein Licht bist, das diese Welt heller macht. ✨
Deine Tatjana
PS: Jetzt, wo ich diesen Text zu Ende geschrieben habe, fallen mir auf, dass es noch ein paar weitere Dinge gibt, die wir von meinem Onkel lernen können. Würde dich das interessieren?
Dann melde dich hier zur Post aus dem Wunderland an und ich schicke dir Giorgios Weisheiten über Vergebung, Freiheit, Dankbarkeit, den eigenen Weg gehen und Ausruhen. 📧
Ich bin Tatjana.
Intuitionscoach und Ahnenbefreierin.
Ich begleite tiefsinnige, feinfühlige Menschen, alte Prägungen und übernommenen Schmerz ihrer Vorfahren loszulassen.
Aus ihrem Unterbewusstsein.
Ihrem Körper und dem Nervensystem.
Für das tiefe, kraftvolle Gefühl von:
„Ich darf so sein, wie ich bin.“
Nicht nur im Innen, sondern auch im Außen.
Wild. Wahrhaftig. Weich.
Mit Herz, Intuition und einem Hauch Wunderland. 🪄
Pure Lebendigkeit und echte Freiheit.
Für dich. Und alle, die nach dir kommen. ✨
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